Geburtstags-Entertainment – So war’s bei Phoenix in der Columbiahalle

Phoenix sind nach Baguette und Baskenmütze der wohl begehrteste Export made in France. Im April veröffentlichte das Pop/Rock-Quartett sein fünftes, bislang experimentellstes Studioalbum „Bankrupt!“, dieses gilt es nun erstmalig in der Hauptstadt vorzustellen. Das zieht nicht nur Berliner Fans an – vor allem Phoenix‘ französische Landsleute scheinen den weiten Weg auf sich genommen zu haben und stehen schon am frühen Abend vor den Toren der Columbiahalle.

Phoenix lassen ihr größtenteils minderjähriges Publikum nicht lange warten und stürmen pünktlich mit „Entertainment“, der ersten Auskopplung ihres aktuellen Longplayers, die Bühne. Die Bandmitglieder sehen dabei aus, wie man sich prototypische Franzosen vorstellt: schlank, brünett und adrett gekleidet in stilvolle Hemden, Lederschuhe und skinny jeans begrüßen Phoenix ihre Anhänger mit „Wir sind Phönix“ auf Deutsch – und sprechen dabei sogar den mythischen Vogel aka ihren Bandnamen akzentfrei aus. Des Weiteren behauptet Frontmann und Charmebolzen Thomas Mars, seine Band stamme aus Paris – stimmt natürlich nicht, echt Fans wissen: die Band gründete sich in Versailles, inzwischen wohnt der Frontmann mit seiner Angetrauten Sofia Coppola jedoch in New York.

Auf „Entertainment“ folgen die Über-Hits „Lasso“ und „Lisztomania“ aus dem „Bankrupt!“-Vorgänger und Grammy-gekrönten „Wolfgang Amadezus Phoenix“ sowie „Long Distance Call“ aus dem 2006er-Werk „It’s Never Been Like That“. Man könnte meinen, die Band verschieße am Anfang schon ihr Pulver, hat die Rechnung dann aber ohne Phoenix gemacht: die können in ihrer fast zehnjährigen Bandgeschichte auf dermaßen viele bekannte wie grandiose Songs zurückblicken, dass das Konzert glatt als beeindruckende Greatest Hits-Compilation durchgehen könnte. Das Publikum schreit bei den ersten Takten jedes Songs hysterisch, die Band wirkt nicht routiniert-gelangweilt, sondern spielfreudig und gut gelaunt während die LED-Wand im Hintergrund grelle Störbilder, schwarz-weiße Kathedralen, düstere Rauchschwaden oder kitschige Neon-Berglandschaften zeigt – je nachdem, was gerade zur Stimmung des Songs passt.

Gitarrist Christian Mazzalai wird bei seinen fabelhaften Solo-Parts von einem Scheinwerfer-Kegel angeleuchtet und lächelt jedes Mal so bezaubernd-beschämt, dass man das Gefühl nicht loswird, es hier mit einer bescheidenen und ungewöhnlich begeisterungsfähigen Truppe zu tun zu haben. „Make some noise, Berlin!“ ruft Mars bei einer seiner wenigen Ansagen Richtung Publikum, dabei ist der Bass zeitweise so extrem laut, dass die Zuschauer kaum eine Chance haben, gegen ihn anzukommen. Gegen Ende des Sets beginnt auf der LED-Wand eine rasante Autofahrt durch die Straßen von Paris, währenddessen liegt der Sänger minutenlang auf dem Bühnenboden. Offensichtlich die Ruhe vor dem Sturm bzw. der Zugabe, bei der Phoenix nochmal alles geben. Beim langsamen „Countdown“ sitzt Mars bedächtig auf dem Bühnenrand und schüttelt die Hands seiner Fans in den vorderen Reihen.

Bevor er anschließend jedoch zum ersten richtigen Phoenix-Hit „If I Ever Feel Better“ ansetzen kann, unterbricht ihn Gitarrist Laurent Brancowitz, denn „wir haben heute ein Geburtstagskind“. Frontmann Thomas Mars wird heute 37 Jahre alt und ist sichtlich verlegen angesichts der Aufmerksamkeit um seine Person. Das Berliner Publikum bricht in wilde, asynchrone „Happy Birthday“-Gesänge aus, Brancowitz urteilt vernichtend und auf Deutsch: „Das war nicht gut“. Mit seiner Hilfe kriegen die Fans dann aber doch noch ein harmonisches Unisono-Ständchen hin. Kaum sind die letzten Töne erklungen, kann der Frontmann endlich da weitermachen, wo er geburtstagsbedingt aufgehört hat. Zu „If I Ever Feel Better“ stürzt er sich ins Publikum, macht zu Fuß eine riesige Runde durch die Columbiahalle, bedankt sich bei seinen Fans persönlich und lässt sich schließlich auf Händen wieder zurück zur Bühne tragen. Die Besucher lächeln selig, die Band beendet mit „Rome“ ihr Set und hat an diesem Abend viel für die deutsch-französische Freundschaft geleistet.