Pete Doherty – Gallionsfigur einer ganzen überforderten Generation, verkannter Poet, Ex von Supermodel Kate Moss, mehrfach inhaftierter Kleinkrimineller, kurzum unser aller Lieblingsjunkie, meldet sich zurück. Und zwar nicht solo, sondern mit den längst tot geglaubten Babyshambles und deren drittem Album „Sequel To The Prequel“.
Zuletzt hatte Doherty auf sich aufmerksam gemacht durch: a) die Eröffnung eines Shops im Londoner Stadtteil Camden, in der er derzeit zu horrenden Preisen seinen persönlichen Ramsch verscherbelt, b) einen extrem dilettantischen, exklusiven Deutschlandauftritt auf dem Melt! Festival und c) einer bizarren WG-Gründung mit Ex-Kinderstar und Drogen-Homie Macaulay Culkin in der Stadt an der Seine.
Sechs Jahre ist es also her, dass die Babyshambles dank eines musikalischen Lebenszeichens und nicht dank Dohertys Marotten für Aufruhr sorgten. Jetzt blicken uns Doherty und seine Kollegen Drew McConnel, Danny Goffey und Mick Whitnall auf dem von Damien Hirst designten Cover (nicht gerade eine Meisterleistung des britischen Ausnahmekünstlers) von „Sequel to the Prequel“ (auch keine Meisterleistung des Album-Namensgebers) entgegen. Fast ehrfurchtsvoll ist man vorm ersten Hören des dritten Studioalbums der Londoner Band. Würden die zuletzt eher beschämenden Live-Qualitäten der Babyshambles und der persönliche Niedergang des Protagonisten ihr trauriges Pendant im Niveau des Albums finden?
Entwarnung vorab: nein, finden sie nicht. Unter dem bekannten britischen Produzenten Stephen Street (The Smiths, Blur) entstand in Paris und London eine meist gelungene Melange aus Punk, 90er-Shoegaze und Country. Hört sich Dohertys Gesang im Opener-Song, der schon seit Jahren zum Live-Repertoire der Band gehört, noch wie eine Mischung aus Katzengejaule und hochgradig betrunkenem Lallen an (passend dazu singt Doherty herrlich selbstironisch „it’s breakfast time, have a pot of wine“), gewinnt das Album mit der Zeit an Fahrt und Melodiösität. Vorher muss der Hörer aber erst noch die recht lethargische Singleauskopplung „Nothing Comes To Nothing“ über sich ergehen lassen, bevor das erste Albumhighlight „Farmer’s Daughter“ anklingt, das Babyshambles-Klassikern wie „Delivery“ in nichts nachsteht. Das countryeske „Fall From Grace“ setzt sich textlich mit Dohertys nunmehr eine Dekade anhaltender Drogenabhängigkeit auseinander. „Will we go someplace where they know my face?“ fragt Pete da verlegen. Ein Rest von Schamgefühl ist also geblieben. Wie beruhigend.
In der Mitte tummeln sich die besten Songs des Albums: das titelgebende „Sequel to the Prequel“ im Stile der 20er-Jahre ist ein Chanson über Frauen, die ein Faible für einen gepflegten Vollrausch hegen, während der obligatorische Reggae-Ska-Song jeder Babyshambles-Platte in Form von „Dr. No“ von der Vielseitigkeit der Band zeugt. „I am a lonely man, got no money in my pocket” beschwert sich Doherty auf „Dr. No“ und liefert damit eine schlüssige Erklärung für seinen peinlich (und irgendwie) putzigen Plunder-Shop in London. Abgesehen davon geht es viel um Haie in „Dr. No“, wo wo auch gleich eine thematische Brücke zu „Penguins“ hergestellt wäre. „We could see monkeys. We could see snakes. We could see penguins, penguins are great” heißt es da. Geht’s noch? Erklärt Doherty uns da allen Ernstes wie toll ein Ausflug in den Zoo sein kann? Lieber nicht weiter drüber nachdenken. Auf „Picture Me In A Hospital” wird es zum Glück wieder etwas seriöser, dreht sich der Song doch um den schweren Fahrradunfall, den Bassist Drew McConnel im Sommer 2011 erlitt. Mit dem grandiosen „Minefield“ findet das dritte Studioalbum schließlich seinen Abschluss.
Fazit: „Sequel To The Prequel“ ist etwas weniger zwingend und richtungsweisend als die Vorgängeralben, aber wesentlich besser als nach Dohertys letzten Eskapaden angenommen.