Sam Levinson hat zuletzt mit seinem Film Assassination Nation und der HBO-Serie Euphoria bewiesen, dass er optisch stark und sehr zeitgemäß das Leben von Jugendlichen in den USA darstellen kann. Für mich ist Euphoria eine der besten Serie der letzten Jahre und auch Assassination Nation schätze ich sehr und würde den Film bis zum Ende verteidigen, auch wenn er sicherlich seine Schwächen hat. Eine Haltung, die ich bei Malcolm & Marie nicht einnehmen kann. In seinem neuen Netflix-Film widmet sich Levinson einer anderen Thematik, indem er eine Nacht eines jungen Paares inszeniert, das es nicht schafft mit dem Streiten aufzuhören. Wir als Betracher*Innen schaffen es dabei nicht aufzuhören uns zu fragen: Warum?
Für den Film kollaboriert Levinson erneut mit Zendaya und holt außerdem John David Washington an Bord. Gedreht wurde in der Pandemie mit entsprechenden Maßnahmen: On-Screen Cast von nur zwei Leuten, möglichst kleine Crew und als Kulisse hält ein sehr offen gestaltetes Haus her, indem alle zusammen die Quarantäne verbracht haben.
Die Story ist schnell erklärt; Malcolm und Marie kommen spät nach Hause, nachdem sie zuvor auf der Premiere von Malcolms Film waren und wollen eigentlich nur noch schnell Mac’n’Cheese essen bevor sie ins Bett gehen. Jedoch wird relativ schnell klar, dass eine Anspannung zwischen beiden herrscht. Kurz darauf entfacht ein Streit, der knapp 100 Minuten anhalten soll und den Zuschauer*Innen in seiner Gänze dargestellt wird.
Dabei findet der Streit auf zwei Ebenen statt. Zum einen haben wir den Streit zwischen Marie und Malcolm, bei dem es vor allem um Wertschätzung in einer Beziehung geht. Beide halten sich nicht zurück und werfen sich gegenseitig die fiesesten Sachen an Kopf, wodurch es schwer fällt auch nur mit einen von beiden zu sympathisieren. Das funktioniert streckenweise zwar ganz gut, eigentlich aber auch nur, weil Zendaya hervorragend spielt, scheitert aber spätestens an der übertrieben narzisstischen Figur von Malcolm. John David Washington gibt spürbar alles, um in dem Charakter aufzugehen, dieser ist allerdings so überzeichnet, dass er nur wie eine Karikatur wirkt, die man zu keinem Zeitpunkt ernst nehmen kann.
Hinzukommt der innere Streit in Malcolm selbst. Er fühlt sich von den Kritiker*Innen falsch verstanden und beschwert sich lautstark über das Filmgeschäft, was sich Marie ebenfalls anhören muss. Dabei entstehen zwar sehr spannende Fragen wie z.B.: „Wird in Malcolms Film mehr interpretiert, weil er ein schwarzer Regisseur ist?“ oder „Ist es problematisch, wenn männliche Regisseure Frauen nackt darstellen in ihren Filmen?“. Das Ganze wirkt aber so erzwungen und so fehl am Platz, weil die beiden gerade eigentlich über etwas ganz anderes streiten, dass man nicht von dem Gedanken wegkommt, dass Sam Levinson Malcolms Charakter als Ventil nutzt, um einmal seinen ganzen Frust über die Filmbranche rauszulassen. So fühlt man sich leider immer wieder aus den übrigen Teilen im Film herausgerissen. Das ist besonders ärgerlich, weil der Film es streckenweise durch die tolle Leistung von Zendaya und die wunderschönen schwarzweiß Bilder schafft eine gute Atmosphäre aufzubauen, wodurch der Film schlussendlich aber auch nicht gerettet werden kann.
Schade, denn Sam Levinson ist ein interessanter junger Regisseur mit einer eigenen Handschrift, auf die ich mich in dem Film gefreut hatte. So bleibt wohl nichts anderes übrig, als diesen Film schnell abzuhacken und sich auf die zweite Staffel von Euphoria zu freuen.